Landsberg
im 20. Jahrhundert
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Slomo Pasternak erzählt, wie er Todesmarsch und Befreiung erlebt hat

Aus dem Interview von Anton Posset

 

Auszug aus einem Interview mit Slomo Pasternak am 3.Mai 1993; Teilnehmer: Slomo Pasternak, Zeitzeuge; Interviewer: Anton Posset, Anwesende: Manfred Deiler

Familienalbum: Slomo Pasternak (li.) mit Bruder, Schwester und Mutter

 

Slomo Pasternak wurde am 10. April 1909 in Wilna, Litauen geboren. Nach dem 1. Weltkrieg übersiedelte die Familie Pasternak nach Kovno. In dieser Stadt lebten damals 100 000 Juden und es gab eine große Synagoge in der sein Vater als Synagogendiener arbeitete. Mit 14 Jahren begann er eine Schneiderlehre. Er heiratete und baute sich eine kleine Schneiderwerkstatt auf. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor.

Nach der Besetzung Litauens durch die Deutschen, mußte die Familie Pasternak ins Getto übersiedeln. Während sie auf ein baldiges Kriegsende hofften, wurde ihre Lage immer verzweifelter, das Getto wurde in ein KZ-Lager umgewandelt. Am 8. Juli 1944 wurde seine ganze Familie in das Konzentrationslager Stutthof verschleppt. Hier wurden die Männer von den Frauen und Kindern getrennt, dort sah Slomo Pasternak seine Frau und seine beiden Töchter das letzte mal. Erst nach dem Krieg erfuhr er, daß seine Frau, seine beiden Kinder, seine Mutter und seine Schwester nach Auschwitz gebracht und dort vergast worden waren. Nur seinem Bruder war die Flucht zu den litauischen Partisanen gelungen. Er überlebte und wanderte nach dem Krieg nach Israel aus.

Slomo Pasternak selbst wurde im Juli 1944, nachdem man ihn von seiner Familie getrennt hatte, in einem großen Transport in das KZ-Kommando Kaufering gebracht. Bis zum Oktober war er im KZ-Lager II bei Igling und mußte bei der gefürchteten Moll-Nachtschicht arbeiten. Dann gelang es ihm durch einen Zufall in das KZ-Lager X nach Utting zu kommen. Nach der Befreiung ging es ihm sehr schlecht und er mußte lange Zeit in Lazaretten und Krankenhäusern verbringen. Trotz des erlittenen Unrechts, blieb er in Deutschland, baute sich in Türkheim eine neue Existenz auf und heiratete ein zweites mal. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor. Slomo Pasternak ist im Herbst des Jahres 2007 verstorben. Bis kurz vor seinem Tod stand jeden Tag hinter dem Ladentisch seiner Schneiderwerkstatt in Türkheim.

Slomo Pasternak (rechts) und Anton Posset (links) während des Interviews am 3. Mai 1993 in Türkheim

 

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